Meine Pferdeausbildung


Zuerst möchte ich sagen: Es gibt nicht die eine, richtige Reitweise. Es gibt nur die verschiedenen Pferde und viele mögliche Wege, jedes Einzelne so gesund, stolz und schön zu machen wie es sein kann.

 

"Es obliegt dem denkenden Reiter seine Art zu Reiten und seine Übungen der Natur seines Pferdes anzupassen. Man kann dafür keine festen Regeln aufstellen." (Dupaty de Clam, 1777)

 

Ich denke, dass vor allem Nuno Oliveira, der herausragende Reitmeister des 20. Jhd., es geschafft hat, diese Art des Nicht - Schematisierens zu vervollkommnen.

 

"Ein Pferd auszubilden ist vor allem fühlen und ausprobieren und dann gemessen an dem was man fühlt, dem Pferd zu helfen und es nicht zu zwingen." (Nuno Oliveira, 1986)

 

Für mich bedeutet das, dass nur das Pferd bestimmt wie es ausgebildet wird, je nach Körperbau, Charakter und Temperament. Zum Beispiel: Kann ich dem Pferd besser vom Boden aus helfen, mache ich zunächst Handarbeit, kann es sich im Galopp nicht ausbalancieren, arbeite ich erstmal nur im Schritt und Trab am besseren Gleichgewicht. Ist das Pferd langrückig und schwach, würde ich es zur Kräftigung schon vor dem Reiten anpiaffieren, ist es aber gut gebaut und stark, kann man das zurückstellen. Manche Pferde sind verspielt und temperamentvoll und lieben Freiarbeit und Zirzensik, andere sind dagegen ruhige, konzentrierte `Künstler´die unter dem Sattel in Übungen der Hohen Schule brillieren wollen.

 

Aber was auch immer man mit seinem Pferd machen möchte: ob Hohe Schule, Bodenarbeit oder Wanderritte. Ich finde, sobald wir unserem Pferd eine Aufgabe geben, haben wir die Pflicht es körperlich in die Lage zu versetzen , diese ohne Schaden zu nehmen erfüllen zu können.

Das bedeutet: Regelmäßige, ruhige Gymnastizierung um das Pferd geradezurichten, ins Gleichgewicht zu bringen und die Vorhand zu entlasten.

Hierfür gibt es eine Fülle an Techniken, wie Biegungen, Seitengänge, Paraden, Übergänge, auch Piaffe und Spanischer Schritt gehören hierzu. Bewahrt und verbessert man dabei die Entspannung, Leichtheit, Versammlung und das Vorwärts, bekommt man bald die schöne Erfahrung ohne jeden Kraftaufwand auf einem zufrieden mitarbeitenden Pferd zu sitzen, das sich kurz und rund macht und uns gesund tragen kann. Wenn es dieses Miteinander, diese Harmonie und Liebe gibt, dann wird Reiten zur Kunst.

 

"Reiten ist Suche nach Wahrheit, Geradlinigkeit und Schönheit." (Nuno Oliveira)

Jungpferde

Ein junges Pferd reite ich frühestens mit 3 Jahren an, besser erst vierjährig. 

Zuerst mache ich Bodenarbeit z.B. mit Knotenhalfter und langem Seil, um dem Pferd den Umgang mit uns Menschen zu erklären. D.h. führen, anbinden, longieren, Vor - und Hinterhand bewegen, auch Scheutraining.

Dann beginne ich vor dem Anreiten mit der Arbeit an der Hand (Angehen, Halten, Rückwärts, Lenken, Seitengänge) um dem Jungpferd die Hilfen der Hand und der Beine schon vor dem ersten Aufsitzen so verständlich wie möglich zu machen.

Das Wichtigste bei der Jungpferdeausbildung ist denke ich, ganz viel Geduld, Zeit und Freundlichkeit mitzubringen um eine sichere Basis zu legen, Vertrauen aufzubauen und das Pferd nie körperlich oder geistig zu überfordern.

Basisausbildung

Nachdem das (Jung-)Pferd gelernt hat unter dem Reiter auf allen Linien seine Balance zu halten, die Zügel -, Schenkel - und Gewichtshilfen kennengelernt hat und sich in allen 3 Gangarten bewegen lässt, kann man von der Remontenreiterei zur Campagneschule übergehen.

Nun würde ich mit der Gymnastizierung des Pferdes beginnen, vermehrt auf Biegung, Stellung, das prompte Vorwärts achten, sämtliche Seitengänge erarbeiten und diese so auf die natürliche Schiefe des Pferdes abgestimmt anwenden, dass es mit der Zeit immer mehr geradegerichtet wird. 

Der Hauptsinn liegt darin, das Gewicht von Pferd und Reiter gleichmäßig auf alle vier Beine zu verteilen, das Pferd geschmeidig und folgsam auf die Hilfen zu machen und es so zu einem zuverlässigen, gesunden Freizeitpartner zu formen.

Je nach Dauer und Häufigkeit des Beritts/Unterrichts würde ich auch ins Gelände reiten, kleine Gymnastiksprünge einbauen oder die Bodenarbeit ausbauen, um auch dem Kopf des Pferdes Abwechslung zu bieten.

Hohe Schule

Der Begriff ´Hohe Schule´klingt erstmal etwas hochtrabend - aber gemeint ist damit, dass das Pferd soweit geformt ist, dass es nun in der Lage ist die künstlichen Gänge zu erlernen. Dazu gehören Piaffe, Passage, Schulgalopp, Terre à terre/Mezair, Spanischer Schritt usw.

Meistens beginne ich mit solchen Übungen schon früher in der Ausbildung, denn alle haben einen gymastischen Nutzen für das Pferd und sind nicht eine Lektion die dressiert und vorgeführt wird, damit es hübsch aussieht.

Beispielsweise profitiert jedes Pferd davon anpiaffiert zu werden, denn es stärkt den Rücken und die Hinterhand und lehrt das Pferd die Gelenke der Hinterbeine zu beugen und seine ganze Vorhand damit zu tragen. Natürlich bekommt nicht jedes Pferd eine so ausdrucksvolle Piaffe wie ein Warmblüter oder ein Lusitano - aber im Rahmen seiner Möglichkeiten tut diese Übung jedem Pferd gut.